MAMA
Mikrobiomveränderungen durch Antibiotikaprophylaxe bei Müttern während der Geburt
(Microbiome changes due to antibiotic prophylaxis in mothers at birth)
Eine multizentrische, zweiarmige, nicht-interventionelle, beobachtende Pionierstudie zu den Mikrobiomeffekten von prophylaktisch eingesetztem Cefuroxim in der Geburtshilfe.
Hintergund
Die globale Rate an Kaiserschnittgeburten (Caesarean Section, CS) beträgt 21,1 % (2021) und steigt weltweit. Der Kaiserschnitt weist die dritthöchste kumulative Inzidenz für postoperative Wundinfektionen (surgical site infections, SSI) auf. Mütterliche Infektionen rund um die Geburt sind für 1 von 10 mütterlichen Todesfällen weltweit verantwortlich. Daher ist die perioperative Antibiotikaprophylaxe (PAP) während des Kaiserschnitts anerkannter Standard in der Geburtshilfe und Teil zahlreicher Empfehlungen von Expertengremien wie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und verschiedenen nationalen gynäkologischen Fachgesellschaften. Gemäß diesen Empfehlungen sind Cephalosporine der ersten und zweiten Generation, wie Cefuroxim, Mittel der Wahl für diese Indikation. Tatsächlich reduziert der Einsatz von PAP die Morbiditäts- und Mortalitätsraten der Mütter signifikant. Während die Auswirkungen dieser Maßnahme auf das Mikrobiom der Neugeborenen bereits Gegenstand wiederholter klinischer Studien waren, fehlen spezifische, insbesondere langfristige, Daten zu den Auswirkungen auf das Darmmikrobiom der Mütter noch völlig.
MAMA ist die erste Studie, die diese Frage gezielt und systematisch untersucht.
Methoden
Diese multizentrische, zweiarmige, nicht interventionelle Beobachtungsstudie analysiert die qualitativen und quantitativen Veränderungen im Darmmikrobiom von Müttern während der Geburt aufgrund der Antibiotikaprophylaxe mit Cefuroxim. Wir rekrutierten schwangere Frauen aus zwei Perinatalzentren in Deutschland, aus ambulanten Einrichtungen sowie über Social Media-Kanäle. Frauen, die per Kaiserschnitt entbanden, wurden für die Studiengruppe rekrutiert, Frauen mit vaginaler Geburt ohne Antibiotikagabe für die Kontrollgruppe. Die Teilnehmerinnen gaben nach einer ausführlichen Aufklärung durch die Studienkoordinatorin ihr informiertes Einverständnis zur Teilnahme an der Studie. Jede Frau reichte drei Stuhlproben (T0, T1, T2) zur Mikrobiomanalyse ein. Die Stuhlproben wurden von den Teilnehmerinnen selbst gemäß vorheriger Anleitung gewonnen und mit dem „DNA/RNA ShieldTM Fecal Collection Tube – DX“ von Zymo Research versendet, um einen Qualitätsverlust während des Posttransports zu vermeiden. Die Probenentnahme fand zu Hause oder (bei längerem stationären Aufenthalt nach der Entbindung) im Krankenhaus statt. Die erforderlichen Metadaten wurden mittels Fragebögen erhoben. Stuhlproben und Fragebögen wurden dann an die Studienkoordinatorin zurückgesendet. Somit waren keine zusätzlichen vor-Ort-Besuche fürdie Probandinnen erforderlich.
Die taxonomische Identifikation und Quantifizierung des Mikrobioms erfolgt durch Sequenzierung des 16S rRNA-Gens (V3/V4). Die biostatistische Analyse umfasst taxonomische Annotation, OTU-Clustering sowie die Bestimmung der α- und β-Diversität. Die Veränderungen im Mikrobiom (Diversität, Häufigkeit, Varianz) und der Vergleich der Studiengruppen werden zeigen, ob und welche dauerhaften (> 3 Monate) Veränderungen im Darmmikrobiom durch PAP mit Cefuroxim bei Müttern während Geburt verursacht werden. Insbesondere wird das (Neu-) Auftreten potenziell pathogener Spezies (induzierte Dysbiose) und Veränderungen der physiologischen Flora untersucht, da das weibliche Mikrobiom zum Ende der Schwangerschaft besonders vulnerabel ist. Eine dauerhafte Dysbiose kann ein Risikofaktor für Schwangerschaftsdiabetes bei nachfolgenden Schwangerschaften sein.
Laufende Auswertung
Die zweijährige Rekrutierungsphase ist abgeschlossen. Zunächst werden wir ein Baseline-Mikrobiom vor der Entbindung (Zeitpunkt T0) bestimmen und dann die Veränderungen durch die Geburt (Kontrollgruppe), bzw. durch die Antibiotikaprophylaxe (CS-Gruppe) analysieren und vergleichen.
Wir erwarten das Auftreten einer induzierten Dysbiose in der CS-Gruppe zum Zeitpunkt T1, d.h. eine reduzierte α-Diversität, einen Rückgang nützlicher, kommensaler Darmbakterien sowie das mögliche (Neu-) Auftreten potenziell pathogener Spezies, einschließlich Clostridioides, und eine Zunahme von Enterobacteriaceae-Arten. Zum ersten Mal werden wir dadurch in der Lage sein, diesen Effekt gezielt bei Frauen im peripartalen Zeitraum zu beobachten und quantitativ sowie qualitativ genau zu beschreiben. Entscheidend ist auch entscheidend die Auswertung der Rekolonisierung zum Zeitpunkt T2. Wir werden erstmals zeigen, ob und welche langfristigen Konsequenzen auf das Mikrobiom die einmalige Antibiotikaprophylaxe mit Cefuroxim bei gebärenden Frauen verursacht.
Kooperationspartner
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), Abteilung Angewandte Luft- und Raumfahrtbiologie
(Dr. Stefan Leuko & Katharina Siems)
Hochschule Bonn-Rhein-Sieg (HBRS), Fachbereich Angewandte Naturwissenschaften
(Prof. Dr. Martin Sieber)
Institut für Experimentelle Hämatologie und Transfusionsmedizin der Universitätsklinikum Bonn (UKB)
(Dr. Claudio Neidhöfer)
St. Marien Hospital der GFO Kliniken Bonn (GFO)
(Dr. Susanne Peter)
Das Projekt ist Teil der Promotionsarbeit der Doktorandin Elisabeth Feles (Dipl.-Pharm., approbierte Apothekerin) an der Universität Witten/Herdecke unter der Leitung von Prof. Dr. Frauke Mattner (Fakultät für Gesundheit – Department für Humanmedizin).
Researchgate
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Meine Veröffentlichungen bei scholar.google.com
Elisabeth Feles
Studienkoordinatorin MAMA-Studie
Kliniken der Stadt Köln
Institut für Hygiene, Haus 34
Ostmerheimer Straße 200
51109 Köln
Tel.: +49 221 8907-13438
E-Mail: FelesE@kliniken-koeln.de
Funding
Die MAMA-Studie wird finanziert aus Forschungsmitteln des Instituts für Hygiene, Kliniken der Stadt Köln, Klinikum der Universität Witten/ Herdecke.
In Gedenken an Prof. Dr. Ralf Möller (1978-2024), der diese Studie entscheidend inspiriert hat. – To boldy go where no one has gone before.