Neben der Stahllegierung ist der Schleifwinkel der Klinge entscheidend für die Schärfe und Lebensdauer einer Messerklinge. Je kleiner der Winkel ist, desto dünner kann die Klinge geschliffen werden und desto schärfer ist sie. Allerdings verringert sich dadurch die Zeit, in der das Messer scharf ist, erheblich. Der Materialabtrag ist höher, es brechen leichter Stücke von der Klinge ab und sie wird spröde und die Feinphase verbiegt sich und muss wieder gerichtet werden. Je größer der Winkel ist, desto länger ist die Standzeit, desto größer ist die Robustheit, aber desto geringer ist die Schärfe des Messers.
Der Schärfwinkel hängt ausschließlich von der Legierung des Stahls ab und wird vom Hersteller des Messers danach ausgewählt. Ein Stahl mit hohem Kohlenstoffgehalt hat einen entsprechend kleineren Schleifwinkel als eine Klinge aus rostfreiem Stahl. Jedes Messer hat einen individuell berechneten Winkel, der eingehalten werden muss.
Ich habe einen Messaufbau konstruiert, um mit Hilfe eines Lasers und etwas Mathematik den Schleifwinkel von Messerklingen exakt und reproduzierbar bestimmen zu können.
Mein Messprinzip
Trifft Licht auf eine glatte Oberfläche mit geringer Oberflächenrauhigkeit, wie z. B. eine metallische Messerklinge, wird der Lichtstrahl nach dem Reflexionsgesetz gerichtet zurückgeworfen (Abb. 1).
Der Einfallswinkel (δ) des einfallenden Lichtstrahls ist gleich dem Reflexionswinkel (δ‘) des reflektierten Strahls. Beide liegen in der gleichen Einfallsebene.
\delta = \delta '
Wenn das Messer mit der Klinge nach oben auf dem Rücken liegt und ein Laserstrahl genau senkrecht auf die Klinge trifft, wird der Lichtstrahl geteilt. Er wird je nach dem Schärfungswinkel der Klinge reflektiert. Handelt es sich um eine doppelt geschliffene Messerschneide, so entstehen spiegelsymmetrisch zwei Reflexionspunkte. Bei einfach geschliffenen Messerkanten ist ein Reflexionspunkt asymmetrisch zum anderen. Die Breite der beiden projizierten Punkte zeigt an, ob die Klinge gleichmäßig, flach, konkav oder konvex geschliffen wurde. Im Idealfall sollten nur zwei klar definierte Punkte sichtbar sein.
Der Abstand zwischen dem Reflexionspunkt und der Spiegelachse gibt Auskunft über den Schleifwinkel des Messers. Je größer der Abstand, desto größer der Winkel.
Um den Winkel zu berechnen, benötigen wir zwei Informationen. Den genauen Abstand zwischen den Reflexionspunkten (Ecke B in Abb. 2) und der Spiegelachse sowie den senkrechten Abstand (Seite a in Abb. 2) von der Reflexionsfläche zur Messerklinge (Seite b in Abb. 2). Mit Hilfe dieser beiden Werte (a und b) lässt sich die Seite c mit Hilfe des Satzes von Pythagoras berechnen.
c² = a² + b²
Mit Hilfe der Kosinusregel kann der Winkel α im Reflexionspunkt R (Abb. 2) zwischen den Seiten c und b berechnet werden.
\alpha =cos(\frac{a²-b²-c²}{-2bc} )=cos(\frac{b}{c})
Der tatsächliche Schleifwinkel des Messers ist hier gleich der Winkelhalbierenden.
Sharpening Angle = \frac{\alpha}{2}
Um die Berechnungen zu vereinfachen, habe ich eine kleine Funktion in Excel erstellt.
Mein Messaufbau
Um den Schleifwinkel mit exakten Werten reproduzierbar bestimmen zu können, habe ich eine Halterung für einfache Küchenmesser mit einer kleinen Klinge entworfen und 3D-gedruckt. Dazu wird die Klinge einfach eingespannt, der Laser eingeführt und die Reflexion auf ein Blatt Papier projiziert. Ich verwende einen einfachen und billigen violetten Laser mit einem Durchmesser von 13,3 mm. Dann müssen nur noch der Abstand zwischen dem Blatt Papier und der Klinge sowie die Projektionspunkte gemessen und in die Formel eingesetzt werden.
Ich möchte mich bei meinem Freund Mischa bedanken, der mir bei den Berechnungen geholfen hat.